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Intensiver Austausch zur Teilhabeberatung mit der Ministerin

Sabine Bätzing-Lichtenthäler
Sabine Bätzing-Lichtenthäler
Foto: MSAGD RLP

Mainz (kobinet) Die Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB®) unterstützt und berät Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen sowie deren Angehörige zu Fragen der Rehabilitation und Teilhabe. Seit 2018 bieten die EUTBs niedrigschwellige, barrierefreie, unabhängige und kostenfreie Beratung nach dem so genannten Peer Counseling, also die Beratung von Ratsuchenden mit Behinderungen durch Fachleute mit Behinderungen, an. Nun wurde das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales finanzierte Angebot um weitere zwei Jahre verlängert. Das war ein guter Grund für die rheinland-pfälzische Sozialministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler sich mit einigen rheinland-pfälzischen EUTB-Berater*innen im Rahmen eines Online-Pressegesprächs über aktuelle Themen der Berater*innen auszutauschen und die Arbeit der EUTBs vorzustellen.

Mit dabei an dem am heutigen Dienstag, den 26. Januar, durchgeführten Pressegespräch war neben der rheinland-pfälzischen Sozialministerin auch der Landesbehindertenbeauftragte Matthias Rösch, der sich schon sehr früh für die Teilhabeberatung eingesetzt und die Vernetzung der einzelnen Beratungsstellen unterstützt hat. Vertreterinnen und Vertreter der Teilhabe­beratungsstellen waren aus Mainz, Bad Kreuznach, aus Rheinhessen und aus Kaiserslautern mit dabei.

„Das Angebot der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung ist ein wichtiger Bestandteil der Beratungslandschaft und ein echter Mehrgewinn für Menschen mit Behinderungen in Rheinland-Pfalz. Das zeigt sich insbesondere in der guten Inanspruchnahme der Beratungsleistung“, erklärte Sabine Bätzing-Lichtenthäler. Ziel der Landesregierung werde es weiterhin sein, die EUTBs bei der Vernetzung zu unterstützen und eine Verstetigung der entstandenen Beratungsstrukturen auch über das Jahr 2022 hinaus zu erreichen. Dabei wolle die Ministerin auch Möglichkeiten prüfen, wie bei einer Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales für die Weiterförderung der EUTBs erreicht werden kann, dass der Eigenanteil der Organisationen abgeschafft werden kann. Denn die Beratung müsse unabhängig erfolgen können, also auch von etwaigen Spendern, auf die die Träger der EUTBs meist angewiesen sind, um den Eigenanteil aufbringen zu können.

Die Ministerin betonte zudem, wie wichtig es ist, dass die Berater*innen ihre Erfahrungen und die Themen und Probleme, mit denen sie in der Beratung konfrontiert sind, an die Politik und das Ministerium weitergeben. So könne man versuchen, die Probleme Stück für Stück zu lösen, wie beispielsweise in der seit einigen Monaten alle zwei Wochen tagenden Gruppe zur Corona-Pandemie im Sozialministerium, an der u.a. auch Gerlinde Busch vom ZsL Mainz beteiligt ist. Sie versprach den Berater*innen auch, noch einmal darauf zu schauen, wie die Praxis der Bewilligung von Eingliederungshilfen in den einzelnen Regionen funktioniert und wie eventuell nachgesteuert werden könne.

„Dass Menschen mit Behinderungen selbst in der Beratung tätig sind, wirkt als Mutmacher für die ratsuchenden Menschen mit Behinderungen. Dazu kommt die Unabhängigkeit der Beratungsstellen bei den Verbänden der Selbsthilfe und Selbstvertretung, die das Vertrauen in die Beratung steigert. Die Teilhabeberatung ist auch ein wichtiger Hinweisgeber in unserer Politik von und für Menschen mit Behinderungen, welche Probleme noch gelöst werden müssen“, stellt der Landesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen Matthias Rösch fest. Deshalb hat der Landesbehindertenbeauftragte auch Vertreter*innen der EUTBs in den Teilhabebeirat berufen, der regelmässig tagt. Er bot an, auch weiterhin Fortbildungsveranstaltungen für die EUTB-Berater*innen anzubieten und bat um Vorschläge von wichtigen Themen.

Die EUTBs übernähmen im Dschungel der Teilhabeleistungen eine Art Lotsenfunktion für Menschen mit Behinderungen: „Wir zeigen auf, welche Leistungen wo beantragt und in Anspruch genommen werden können. Wir beraten als selbst behinderte Expertinnen und Experten Menschen mit Behinderungen auf Augenhöhe und umfassend zu allen Fragen rund um die Themen Teilhabe und Behinderung. Dabei ist es uns wichtig, dass Ratsuchende befähigt werden, selbst aktiv Wege für ein selbstbestimmtes Leben zu finden und zu beschreiten“, erklärt Gerlinde Busch, Leiterin der Teilhabeberatung im Zentrum für selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen Mainz (ZsL Mainz). Das Angebot sei grundsätzlich unabhängig von Leistungserbringer- und Kosten­trägerinteressen und kostenfrei.

Cindy Davi aus der EUTB beim Zentrum für selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen (ZSL) Bad Kreuznach berichtete aus der täglichen Beratungspraxis, dass die Herausforderungen und der Umgang mit Corona aktuell ein häufig nachgefragtes Thema seien: „Menschen mit Behinderungen wenden sich zum Beispiel an uns, wenn die Tagesstruktur weggebrochen ist, sie berechtigte Sorgen haben, ihre Assistenz und Pflege aufgrund von Corona nicht mehr organisiert zu bekommen oder Fragen haben, wann sie als besonders gefährdete und auf Nähe durch Assistenz- und Pflegekräfte angewiesene Personen geimpft werden. Menschen mit Behinderungen, die mit Unterstützung zuhause oder in einem ambulanten Setting leben, müssten hier unbedingt mit einer hohen Priorität bei der Impfstrategie mitgedacht werden.“ Aber auch gerade beim Thema Wohnen seien die EUTB-Berater*innen in Bad Kreuznach und vielen anderen Regionen immer wieder gefragt, denn es gäbe schlichtweg zu wenig barrierefreien Wohnraum, der finanzierbar ist. In einer Stadt wie Bad Kreuznach, wo es eine Großeinrichtung für behinderte Menschen gibt, werde es behinderten Menschen, die aus der Einrichtung in eine eigene Wohnung ausziehen wollen, dies aufgrund des Mangels an barrierefreien und finanzierbaren Wohnungen fast unmöglich gemacht. Hier müsse die Politik handeln, betonte Cindy Davi vom ZsL Bad Kreuznach.

„Corona ist in der persönlichen Assistenz mehr denn je Thema in der Beratung“, bestätigte auch Stefanie Geiser, Beraterin in der EUTB Rheinhessen beim Trägerverein Rhein-Main inklusiv. „Ich persönlich bin sehr froh, dass ich mein Assistenzteam habe und dass wir bislang alle so gut durch die Pandemie gekommen sind. Damit Menschen mit Assistenz- oder Pflegebedarf außerhalb von Einrichtungen vor möglichen gesundheitlichen Folgen durch Corona geschützt werden, ist es wichtig, ihnen schnellstmöglich eine Impfung zu ermöglichen.“ Und gerade in Sachen Umgang mit der Corona-Pandemie gingen viele Fragen bei den EUTBs ein, die trotz Pandemie ihre Beratung fortsetzen konnten, zwar meist über Telefon, Internet oder Fax, aber zum Teil auch in Präsenz, wo dies nötig sei.

Und so nahm die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Fragen behinderter Menschen im Pressegespräch mit der Ministerin auch einen entsprechenden Raum ein. Viele Betroffene meldeten sich in den EUTBs mit Fragen zur Impfung oder bezüglich der Testung, vor allem Menschen, die zu Hause leben und die bisher oft vergessen werden. Die Ministerin versprach hier auch weiterhin für Verbesserungen zu streiten und sich zusammen mit den Betroffenen den verschiedenen Fragen zu widmen.

„Die Beispiele aus der Beratungspraxis zeigen, wie wichtig die EUTBs sind. Ziel muss es daher sein, die aufgebauten Beratungsstrukturen und Netzwerke auf Dauer zu verstetigen und somit Menschen mit Behinderungen in Rheinland-Pfalz unabhängige Anlaufstellen zu bieten. Neben der qualifizierten Beratung auf Peer-Ebene bietet die EUTB auch eine sinnvolle Beschäftigungsmöglichkeit für Menschen mit Behinderungen“, rundete Stephan Heym, Geschäftsführer des ZsL Mainz, die Online-Veranstaltung ab. Es sei wichtig, die Erfahrungen aus der Praxis der Politik zugänglich zu machen und gemeinsam strukturelle Verbesserungen für die Menschen mit Behinderungen zu erzielen.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren sich einig, dass der Austausch zwischen der Sozialministerin, dem Landesbehindertenbeauftragten und den Beraterinnen und Beratern wichtig und wertvoll für das gemeinsame Interesse einer inklusiver werdenden Gesellschaft ist und fortgesetzt wird.