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Kommune Inklusiv hat Induktionsanlagen geprüft und sieht Aufklärungsbedarf

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Erlangen (kobinet) In Erlangen Stadt und im Landkreis Höchstadt leben 36.322 Menschen mit einer oder mehreren Behinderungen. Viele von ihnen haben eine Beeinträchtigung des Hörvermögens. Genaue Zahlen gibt es nicht, denn die Dunkelziffer dieser verborgenen Behinderung ist hoch – vor allem bei älteren Menschen. Damit Betroffene trotzdem am gesellschaftlichen Leben teilhaben können, sind in zahlreichen öffentlichen Gebäuden, wie der Universität, Museen, Veranstaltungssälen oder Konferenzräumen rund 70 Induktionsschleifen fest installiert. Das Projekt Kommune Inklusiv des Erlanger Zentrums für selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen (ZsL) hat sie geprüft und festgestellt: Es gibt Aufklärungsbedarf.

„Überall dort, wo ein blaues Hörzeichen mit einem kleinen ‚T‘ angebracht ist, gibt es eine Induktionsanlage, mit der sich die meisten Hörgeräte und Cochlea-Implantate durch eine eingebaute Telespule verbinden können“, erklärt Anna Reinmann, Ansprechpartnerin der Selbsthilfegruppe Hörgeschädigte Erlangen-Höchstadt und selbst Betroffene. Aber viele wüssten von dieser Funktion gar nicht, weil niemand sie aufkläre. Auch die meisten Hörakustiker*innen nicht. Petra Karl, Leiterin der Selbsthilfe für Schwerhörige, Ertaubte, CI-Träger Erlangen und zertifizierte Audioberaterin, fügt ergänzend hinzu: „Die T-Spule kann sogar eine Kassenleistung sein, sie ist meistens auch in den Hörgeräten vorhanden und muss nur aktiviert werden.“

Dazu reicht das Drücken eines einzelnen Knopfes an den Geräten. Auch die Induktionsanlage selbst ist nicht kompliziert: Hörgeschädigte kriegen durch diese die ins Mikrofon gesprochenen Audiosignale direkt in ihr Hörgerät eingespeist. Über einen Verstärker wird das Signal an die angeschlossene Induktionsschleife, im Grunde nichts anderes als ein einmal um den Raum verlegter Kupferdraht, übertragen. Von hier aus wiederum können die Hörgeräte dann ein magnetisches Signal empfangen und das Audio gelangt direkt von der sprechenden zur hörgeschädigten Person. Die Hörgeräte funktionieren durch die T-Spule also wie ein kabelloser Lautsprecher.

„Das Tollste daran ist, dass nur das Audiosignal des Mikrofons direkt ins Ohr oder Implantat gelangt, ohne störende Nebengeräusche“, erklärt Reinmann begeistert. Vor allem bei zahlreich besuchten Veranstaltungen oder großen, hallenden Räumen, wie etwa Kirchen, unterstütze und filtere das wunderbar.

Fehlende Aufklärung

Leider sieht die Praxis nicht ganz so rosig aus: Bei der Prüfung der hiesigen induktiven Anlagen musste Kommune Inklusiv feststellen, dass viele der zuständigen Personen gar nicht wissen, dass die Hörschleifen in ihren Räumen überhaupt vorhanden sind. Von den rund 85 geprüften Systemen funktionieren etwa 70, ausgeschildert sind aber nur 37. Dabei ist es dieser simple Hinweis, der in 70 Räumen darüber entscheidet, ob Menschen mit einer Hörbehinderung gesellschaftlich teilhaben können – oder eben nicht.

Bei den meisten der Veranstalter*innen reichte der Besuch der Kommune Inklusiv aus, um für das Thema zu sensibilisieren, viele wollen ihre Räume fortan beschildern und intern Fortbildungen rund um das Thema Induktionsanlage anbieten. Darüber hinaus wäre es aber auch wichtig, dass Akustiker*innen zukünftig ebenfalls die Funktion bei ihrer Beratung zu den Hörgeräten bewerben. Und nicht zuletzt, dass durch Öffentlichkeitsarbeit immer mehr Betroffene erreicht werden können und ihnen so das Hören und damit verbunden gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht ist.

Die Liste der bekannten Orte in Erlangen und Erlangen-Höchstadt, an denen Induktionsschleifen installiert sind, gibt’s unter www.erlangen-inklusiv.de.

Über das Projekt

Kommune Inklusiv Erlangen ist ein Projekt des Zentrums für selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V., das sich für eine klare Vision stark macht: Jedes Mitglied der Stadtgesellschaft kann sich selbstbestimmt und gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben in Erlangen beteiligen. Kommune Inklusiv setzt sich gestalterisch und strategisch für eine inklusive Politik ein, beteiligt sich an Diskussionen und nimmt Einfluss auf politische Entscheidungsfindungen. Gefördert ist Kommune Inklusiv von Aktion Mensch e.V..